Doktorarbeit von Prof. Dr. Julia Naskrent

154 4 Theoretische Analyse der Spenderbindung ein Zweckentfremdungsrisiko, welches beispielsweise in der Finanzierung der Verwaltung durch Spendengelder besteht, welches viele Spender als Mittelver- schwendung sehen. 965 Das Risiko der Zweckentfremdung scheint in der allgemei- nen Wahrnehmung sehr hoch zu sein. So gaben in einer Befragung 72 % der Teil- nehmer an, dass zu viele Spendengelder in die Verwaltungen der NPOs fließen. 966 Auch die fehlende marktadäquate materielle Gegenleistung kann Anlass zur Unsi- cherheit sein. Aufgrund der mangelnden Erfahrung mit den durch die NPO er- brachten Leistungen, welche die Erwartungen des Spenders bestätigen könnten, stellt das Vertrauen im Nonprofit-Bereich ein wichtiges Element dar. 967 Für die Spender-NPO-Beziehung ist auch die mangelnde Kontrolle ein charakte- ristisches Element: Für den Spender ist aufgrund der konstitutiven Merkmale 968 dieser Beziehung die Kontrolle über die Verwendung seines Geld sowie die Quali- tät der erbrachten Dienste der NPO für den Leistungsempfänger unmöglich. 969 Spender können lediglich daran glauben, dass die NPO die Mittel effizient einsetzt und effektive Leistungen für die Empfänger anbietet. 970 Die mangelnde Kontrolle ist für das Spendervertrauen auch insbesondere deswegen ausschlaggebend, da die Leistungen der NPO einen immateriellen Charakter aufweisen und positive Effek- te für die Gesellschaft erst langfristig wirken und sich somit nicht unmittelbar messen lassen. 971 Auch für die Spender-NPO-Beziehung gilt, dass Vertrauen einen zukunftsorien- tierten Bezug hat, da die Spendengelder nicht unmittelbar verwendet werden Birma ging das Risiko von der Junta aus; in manchen Veruntreuungsfällen stellt aber die NPO selbst den Risikofaktor dar. Ein beispielhafter Beleg hierfür ist der Kinderhilfsver- ein „Aktion 2000“ aus Bremen. Im Mai 2008 startete die Staatsanwaltschaft ihre Ermitt- lung wegen Veruntreuung von Geldern und Betrug in Höhe mehrerer Millionen Euro; vgl. o. V. (2008), S. 15. Auch die Anklage gegen die Vereine „Kinder in Not“ und „Deut- sche Gesellschaft Tier und Natur“, bei der die Vorsitzende insgesamt mehr als 5 Millio- nen Euro an Spendengeldern veruntreut und nur ca. 10 % aller Einnahmen tatsächlich für Vereinszwecke ausgegeben hat, stellen weitere Beispiele dafür dar, dass die NPO selbst einen Risikofaktor darstellt; vgl. Krug (2008 b), S. 40. Für ein Beispiel aus den USA vgl. Sargeant (1999), S. 223. 965 Vgl. Bennett (1998), S. 34; *otheis (1995), S. 23. 966 Vgl. Vogelbusch (2006), S. 8. 967 Vgl. Bruhn (2006 b), S. 97; Sargeant/Lee (2002 a), S. 782 f.; Tapp/Lindsay/Sorrell (1999), S. 44. 968 Vgl. Kapitel 2.1.2.1. 969 Vgl. Sargeant/Lee (2004 a), S. 616. 970 Vgl. Sargeant/Lee (2004 b), S. 190; Sargeant/Lee (2002 a), S. 783. 971 Vgl. Meffert/Dettmers (2007), S. 5 sowie Kapitel 2.1.2.1.

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