Doktorarbeit von Prof. Dr. Julia Naskrent

4.2 Konzeptualisierung und Operationalisierung der Determinanten der Spenderbindung 153 indirekten Erfahrungen des Vertrauensgebers mit dem Individuum oder einer Or- ganisation. 957 Wie bereits angedeutet, lassen sich die vier konstitutiven Merkmale des Vertrau- ens auf die Spender-NPO-Beziehung übertragen. Das erste charakteristische Ele- ment stellt das Risiko des Spenders dar, welches dadurch zustande kommt, dass der Spender aufgrund des ersten konstitutiven Merkmals der Spender-NPO- Beziehung kein vollständiges Bild der Tätigkeiten der NPO erhält. 958 Wie in Kapi- tel 2.1.2.1 aufgezeigt, stehen Spendern zudem keine objektiven (Such-)Eigen- schaften zur Verfügung, mit denen sie die Leistungen der NPO beurteilen könn- ten. 959 Der Spender kann nicht oder nur mit großem Aufwand die Qualität der Leistungen der NPO überprüfen, beispielsweise ob die von ihm gegebenen Spen- den sinnvoll und bestmöglich eingesetzt wurden. 960 Er trifft folglich seine Ent- scheidungen bezüglich seiner Spende unter Unsicherheit über die Handlungsfol- gen. 961 Zwei hieraus entstehende Risiken haben eine besondere Relevanz: Zum einen besteht ein Veruntreuungsrisiko. 962 Konkret äußert sich dieses Risiko darin, dass die NPO das von ihm gespendete Geld zweckentfremdet und nicht bzw. nur teilweise dem von ihm zugedachten Zweck zukommen lässt. 963 Beispiele hierfür sind die Wirbelsturmkatastrophe in Birma im Mai 2008 und die Veruntreuung von Einnahmen seitens des Kinderhilfsvereins „Aktion 2000“. 964 Zum anderen besteht 957 Vgl. Kenning (2002), S. 12; Herrmann/Johnson (1999), S. 586; Diller (1996), S. 89. Dieser Vergangenheitsbezug stellt den Ausgangspunkt für Hypothese 6 (vgl. Kapitel 4.2.3.2) dar, die den Einfluss der Erfahrungen eines Spenders (d. h. seine Zufriedenheit) auf sein Vertrauen postuliert. 958 Vgl. Hohn (2001), S. 76; *otheis (1995), S. 21. 959 Vgl. Shabbir/Palihawadana/Thwaites (2007), S. 282. 960 Vgl. Hohn (2001), S. 76. 961 Vgl. *otheis (1995), S. 21. 962 Vgl. *otheis (1995), S. 23. 963 Vgl. Sargeant/Lee (2002 a), S. 782; Tapp/Lindsay/Sorrell (1999), S. 44; Heister (1995), S. 300. 964 Im Vergleich zu der Tsunami-Katastrophe, die zum Jahreswechsel 2004/2005 Indonesien erschütterte, blieb das Spendenaufkommen für die Opfer des Wirbelsturms in Birma sehr gering. Während nach dem Tsunami vier Jahre zuvor fast 40 Millionen Euro gespendet wurden, umfasste die Spendenbereitschaft für Birma nur einen Bruchteil hiervon. Die Spendenzurückhaltung begründete sich hauptsächlich durch die Angst, dass die Hilfslie- ferungen nicht dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Immer wieder hieß es in Be- richten, dass Hilfsgüter von der Junta in Birma abgefangen wurden. Das Risiko, dass das gespendete Geld nicht bei den Hilfsbedürftigen ankommt, ist die Ursache für das vorherr- schende Misstrauen gegenüber Spendenaufrufen; vgl. Faigle (2008), o. S. Es ist jedoch wichtig, auf die Tatsache hinzuweisen, dass einige Menschen generell das Risiko eines Missbrauchs von Spendengeldern empfinden. Im Fall der Wirbelsturm-Katastrophe von

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