Doktorarbeit von Prof. Dr. Julia Naskrent

278 5 Empirische Analyse der Spenderbindung (4) Vertrauen nur bei Männern als direkte Determinante Das intuitiv am wenigsten zu erwartende Ergebnis dieser Untersuchung stellt die relative Unwichtigkeit der Determinante Vertrauen dar. Während sowohl die Lite- ratur 1645 als auch die Probanden der Fokusgruppeninterviews 1646 dem Vertrauen den zentralen Stellenwert in der Spender-NPO-Beziehung zusprechen, zeigte sich in dieser Untersuchung diese Art Relevanz hauptsächlich bei Männern. Hierfür gibt es mehrere Erklärungen. Zum einen kann das Vertrauen – ähnlich wie das Involvement – eine Grundvoraussetzung darstellen, die, sobald sie erfüllt ist, an Bedeutung verliert. Dies würde bedeuten, dass das Vertrauen eine unerlässliche Bedingung zu Beginn der Beziehung darstellt und danach andere Determinanten an Bedeutung gewinnen. 1647 Zum anderen lässt sich der geschlechtsspezifische Unterschied dadurch erklären, dass Männer durch ihre tendenziell rationalere Herangehensweise bei Entschei- dungen stärker an Risiken des Spendens denken. 1648 Für sie haben die Reputation der NPO, ihre Verlässlichkeit und Kompetenz einen größeren Stellenwert, um die Sinnhaftigkeit einer Spende zu beurteilen. Bei Frauen, die tendenziell emotionale- re Entscheidungen treffen, erfolgt der Entscheidungsprozess in Bezug auf zukünf- tige Spenden eventuell nicht so analytisch-logisch wie bei Männern, sondern im Hinblick auf das vermittelte Zufriedenheitsgefühl. 1649 Vertrauen, welches einen kognitiven Beurteilungsprozess erfordert, spielt also nur bei sachlichen Spenden- entscheidungen eine Rolle, so wie sie eher Männer als Frauen treffen. 1650 1645 Vgl. hierzu die Ausführungen und die zitierten Autoren in Kapitel 4.2.2.1.2. 1646 Vgl. hierzu die Ergebnisse der ersten drei Fokusgruppeninterviews in Anhang 2, Anhang 4 und Anhang 6. 1647 Diese Vermutung äußerten auch die Probanden im 2. Fokusgruppeninterview; vgl. An- hang 4. 1648 Vgl. Kessel (2008), S. 268. Dies wurde auch im 2. Expertengespräch deutlich; vgl. An- hang 12. 1649 Vgl. Kessel (2008), S. 268; *itschke (2006), S. 155. Im 2. Expertengespräch (vgl. An- hang 12) wurde dieser Sachverhalt folgendermaßen ausgedrückt: „Frauen handeln eher ihrem Impuls folgend und rationalisieren die Spendenentscheidung nicht in dem Ausmaß, wie ich das bei Männern unterstelle.“ 1650 Auch im 4. Fokusgruppeninterview (vgl. Anhang 8) wurde dieser Sachverhalt als Erklä- rung für das unerwartete Ergebnis der Untersuchung angesprochen: „Das ist die linke und rechte Gehirnhälfte. Die rechte Hälfte ist bei den Frauen stärker ausgeprägt, wo es mehr um Emotionen und Gefühle geht. Und bei Männern ist ja die linke Gehirnhälfte stärker ausgeprägt, wo es um das Rationale geht. Und die Frage, ob die NPO meine Spenden sinnvoll einsetzt, ist ja ‘ne rationale Frage. Frauen machen dies offensichtlich nicht so in diesem Maße. Die Frauen sagen, ich hab ein gutes Gefühl, ich hab gespendet, ich fühl

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