Doktorarbeit von Prof. Dr. Julia Naskrent

4.2 Konzeptualisierung und Operationalisierung der Determinanten der Spenderbindung 143 dem Commitment verzeihen die Spender der NPO kleinere Misserfolge und Feh- ler, weil sie aufgrund der empfundenen Sympathie davon ausgehen, dass diese keine weiteren Fehler in Zukunft begeht, und sehen die Unterstützung als weiter- hin sinnvoll an. 915 Es ist Spendern mit hohem Commitment bewusst, dass gerade in schlechten Zeiten, wenn bereits viele andere der NPO den Rücken gekehrt ha- ben, ihre finanzielle Unterstützung ganz besonders wichtig ist. Dennoch stellt diese Erkenntnis keinen Freibrief für unkorrektes Verhalten der NPO dar. Eine Studie stellte nämlich auch fest, dass bei sehr gravierenden Fehlern und starkem Opportunismus trotz eines hohen Commitment eine Distanzierung erfolgt und ein Beziehungsabbruch sehr wahrscheinlich wird. 916 Dies zeigt, dass sich Commitment als ein „zweischneidiges Schwert“ erweist. So reagieren Kun- den mit stark ausgeprägtem Commitment stärker negativ auf das Fehlverhalten als Kunden mit geringem Commitment. 917 Dies ist bedingt dadurch, dass insbesonde- re diejenigen, die ein hohes Commitment aufweisen, sich durch drastisches Fehl- verhalten besonders hintergangen und betrogen fühlen, eben weil sie im Vorfeld ein so starkes Zugehörigkeitsfühl empfunden haben. Dieser Zusammenhang er- klärt auch das Spenderverhalten, welches UNICEF zu Beginn des Jahres 2008 er- lebte. Die Vorwürfe 918 gegen UNICEF waren für viele der Spender so gravierend, dass sie ihre Unterstützung einstellten. 919 Wären die Fehler weniger schwerwie- gend gewesen, hätten insbesondere die Spender mit hohem Commitment vermut- lich weiter zu UNICEF gehalten. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Je stärker sich ein Spender mit einer NPO verbunden bzw. ihr gegenüber verpflichtet fühlt, umso höher ist die Spenderbin- dung. 920 Das Commitment hat somit einen unmittelbaren Einfluss hierauf. Diese Aussage führt zur ersten Hypothese dieser Arbeit, welche die empirische Untersu- chung überprüft. Abbildung 22 verdeutlicht diesen Zusammenhang grafisch. 915 Vgl. Bhattacharya/Sen (2003), S. 84. 916 Vgl. Ganesan u. a. (2005), S. 15 ff. 917 Vgl. Saab (2007), S. 56. 918 Ende 2007 wurde bekannt, dass UNICEF über mehrere Jahre hinweg Honorare an exter- ne Berater, u. a. pensionierte UNICEF-Mitarbeiter, für freiberufliche Spendenwerbung in Höhe von insgesamt 1,8 Milionen Euro gezahlt und einen Umbau des Kölner Hauptsitzes für ca. 1 Million Euro vorgenommen hatte; vgl. Thieme (2008), o. S.; Wilke (2008 b), S. 3; Schindler (2007), o. S. 919 Dies bestätigte sich auch im 1. Fokusgruppengespräch (vgl. Anhang 2). 920 Vgl. Bhattacharya/Hayagreeva/Glynn (1995), S. 47.

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